Oberösterreichische Versicherung
Sicherheit

Schneeräumpflicht - Mühsam, aber notwendig

Bereits bevor der erste Schnee fällt, ist in vielen Garagen, Dielen und Vorräumen ein mehr oder weniger "liebgewonnenes" Ritual zu beobachten. Das Bereitstellen von Schneeschaufeln und Streumaterial. Aus gutem Grund: Für Eigentümerinnen und Eigentümer von Liegenschaften im Ortsgebiet gilt zwischen 06.00 und 22.00 Uhr die so genannte Schneeräumpflicht. Dem öffentlichen Verkehr dienende Gehsteige, Gehwege und Stiegen, die sich innerhalb einer Entfernung von drei Metern ab der Grundstücksgrenze befinden, sind gemäß §93 der Straßenverkehrsordnung (StVO) entlang der gesamten Liegenschaft von Schnee zu befreien und bei Glatteis durch Aufbringung von geeignetem Streumaterial wie Sand oder Kies für Passanten sicher begehbar zu machen. 

Ist kein Gehsteig oder Gehweg vorhanden, muss der Straßenrand in der Breite von einem Meter geräumt und im Bedarfsfall bestreut werden. Weiters sieht der Gesetzgeber vor, dass Liegenschaftseigentümer, das betrifft im übrigen auch die Betreiber von Verkaufshütten, uneingeschränkt dafür Sorge zu tragen haben, dass Schneewächten - Stichwort Dachlawine - und Eisbildungen von den Dächern ihrer an den Verkehrsflächen gelegenen Gebäude entfernt werden.  Dabei darf man andere Straßenbenützer nicht gefährden oder behindern. Nötigenfalls ist für eine Absperrung und/oder Kennzeichnung zu sorgen. Außerdem sind Schneehaufen, die durch Schneepflüge der Straßenverwaltung etwa auf den Gehsteig geschoben werden, ebenfalls zu entfernen. Ausgenommen von der Verpflichtung sind gemäß § 93 (StVO) lediglich Eigentümer von unverbauten, land- und forstwirtschaftlich genutzten Liegenschaften. Der Umfang der Räumaktivitäten richtet sich nach den Gegebenheiten, jedoch ist beispielsweise eine ununterbrochene Räumung bei starkem Schneefall oder eine Schließung der Geschäftsräumlichkeiten, um der Schneeräumpflicht nachzukommen, unzumutbar.

Cui bono - Wem nützt die Schneeräumpflicht?

Vor allem sollen Fußgänger, die die bezeichneten Verkehrsflächen nutzen, geschützt werden. Wichtig ist in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass Halter und Lenker von Kraftfahrzeugen, wenn sie diese dort abstellen, nicht geschützt sind. Im Schadensfall kann man gegenüber dem Anrainer deshalb auch keinerlei Schadenersatzansprüche geltend machen.

Welche Gefahren entstehen durch ungenügende Schneeräumung?

Laut dem Kuratorium für Verkehrssicherheit verletzen sich jährlich rund 20.000 Menschen infolge Ausrutschens auf Schnee oder Glatteis so schwer, dass sie sich in spitalsärztlicher Behandlung wiederfinden. Mehr als zwei Drittel der Fälle haben Knochenbrüche zur Folge. Aber auch Sehnen- und Muskelverletzungen treten überdurchschnittlich häufig auf. Durch das reflexartige Abstützen bei einem Sturz sind die Handgelenke und der Schulterbereich ebenso besonders exponiert.

Jeder zweite dieser Unfälle ereignet sich auf öffentlichen Flächen. Zum Einen, weil Passanten auf abgenutzten oder zu glatten Sohlen unterwegs sind. Zum Anderen werden eisige Treppen, abfallende Rampen und Gehwege zu gefährlichen Rutschpartien. Vor allem, wenn sie nicht entsprechend geräumt und bestreut sind.

Welche Folgen kann eine Verletzung der Schneeräumpflicht nach sich ziehen?

Eine Verletzung der Schneeräumpflicht stellt nicht nur eine Verwaltungsübertretung dar, die eine empfindliche Geldbuße nach sich ziehen kann, sondern kann den Liegenschaftseigentümer im Schadensfall mit erheblichen Schadenersatzforderungen konfrontieren:

Nach § 1295 Abs 1 ABGB ist jedermann berechtigt, vom Schädiger den Ersatz jenes Schadens zu verlangen, den ihm dieser rechtswidrig und schuldhaft zugefügt hat. Daraus abgeleitet hat die Rechtsprechung sogenannte „Verkehrssicherungspflichten“ entwickelt, wonach zum Beispiel jemand, der aus einem ihm gehörenden Grund und Boden einen Verkehr für Menschen eröffnet oder unterhält, für die Verkehrssicherung zu sorgen hat (SZ 47/124). Kommen aufgrund von solchen Verstößen Personen zu Schaden, muss der Liegenschaftseigentümer Schadenersatz leisten. Diese Schadenersatzleistung kann sein die Zahlung von Schmerzengeld, Heilungskosten, Verdienstentgang bis hin zu Jahrzehnte andauernden Rentenzahlungen, wenn der Verunglückte durch seinen Unfall zum Beispiel eine Dauerinvalidität erleidet. Der Grundstückseigentümer haftet für Schäden, die durch die Vernachlässigung dieser Pflicht entstanden sind bereits ab leichter Fahrlässigkeit. Wenn er zusätzlich Wegehalter ist und grob fahrlässig gehandelt hat, haftet er nach § 1319a ABGB.

Wie weit reichen diese Pflichten?

Art und Umfang dieser Pflichten hängen von den örtlichen Gegebenheiten und der Zumutbarkeit der jeweiligen Maßnahmen ab. Was konkret zumutbar ist, wird jedoch immer nur im Einzelfall beurteilt. Der Oberste Gerichtshof hat zum Beispiel entschieden, dass eine ununterbrochene Schneeräumung unzumutbar ist. Hingegen ist ein Streuen in kurzen zeitlichen Abständen zumutbar. Die Rechtsprechung ist dahingehend einzelfallbezogen. Grundsätzlich muss man jedoch sagen, dass hier ein strenger Maßstab gilt.

Kann ich die Schneeräumpflicht an Dritte übertragen?

Grundsätzlich ist der Liegenschaftseigentümer für die Räumung und Streuung verantwortlich. Er kann aber seine Verpflichtung durch Vereinbarung auf Dritte übertragen. Beispielsweise etwa auf Mieter beziehungsweise Pächter aber auch Hausverwaltern oder spezialisierten Unternehmen - Stichwort "Winterdienst". Im Fall einer solchen Vereinbarung  reduziert sich die Haftung im Wesentlichen auf ein Auswahlverschulden, wenn er die Schneeräumpflicht einem ungeeigneten Vertragspartner übertragen hat.

Wie kann ich mich vor Schadenersatzforderungen schützen - Was tun im Schadensfall?

Zunächst ist es für jeden Liegenschaftseigentümer ratsam, möglichst gewissenhaft seinen Räum- und Streupflichten nachzukommen. Nichtsdestotrotz kann sich der Liegenschaftseigentümer mit berechtigten oder unberechtigten Schadenersatzforderungen konfrontiert sehen. Am Besten schützt in diesen Fällen der rechtzeitige Abschluss einer Haus- und Grundbesitzhaftpflichtversicherung, die üblicherweise in einer Eigenheimversicherung enthalten ist. Die Versicherung erfüllt dann im Schadenfall berechtigte Schadenersatzansprüche oder übernimmt für Sie die Kosten der Abwehr ungerechtfertigter Schadenersatzforderungen. Für eine reibungslose Schadenabwicklung durch die Haftpflichtversicherung empfiehlt es sich jedenfalls, die Unfallstelle zu fotografieren. Machen Sie zudem Unfallzeugen namhaft und erstatten Sie eine behördliche Anzeige.

Vergessen Sie dabei nicht: der Abschluss einer Haftpflichtversicherung befreit den Liegenschaftseigentümer nicht von seiner gesetzlichen Pflicht der Schneeräumung! Unterbleibt der Winterdienst (zum Beispiel aus Zeit- oder Kostenersparnis) kann der Versicherer leistungsfrei sein!